DEUTSCHLAND

Natzweiler Nummer 6

Politischer Häftling

 

Der Bäcker und Kommunist Wilhelm Behnke (geboren 1914 in Stettin) wird 1933 und 1934 verhaftet, zu vier Jahren Haft verurteilt und 1938 vom Zuchthaus Gollnow ins KZ Sachsenhausen eingewiesen. 1941 gehört er zu den ersten Häftlingen des KZ Natzweiler-Struthof, wo er 1944 Lagerältester1 wird. Mithäftlinge schätzen seine solidarische Haltung. Mit der Räumung des Lagers Anfang September 1944 kommt er ins KZ Dachau. Als Blockältester2 wird er dort abgelöst, als er sich weigert, einen Mithäftling zu schlagen. Im November wird er von der SS zum Fronteinsatz bei der Sondereinheit Dirlewanger3 geholt. Seine Kompanie läuft aber beim ersten Gefecht zur Roten Armee über. Nach der Kriegsgefangenschaft arbeitet Behnke ab 1946 bei der Volkspolizei. Er wird SED4-Funktionär, Oberbürgermeister von Brandenburg/Havel, Vorsitzender des Bezirksrates von Suhl und Volkskammerabgeordneter der DDR. Am 9. Mai 1979 stirbt er in Ostberlin.


1 Der Lagerälteste steht an der Spitze der sogenannten Häftlings-Selbstverwaltung eines
Konzentrationslagers.
2 Funktionshäftling, Verantwortlicher für eine Baracke.
3 Sondereinheit der SS, später der Waffen-SS, benannt nach dem Gründer Oskar Dirlewanger.
Zunächst berüchtigt für ihre Mordeinsätze an der Ostfront, rekrutiert die stark geschrumpfte
Sondereinheit Dirlewanger ab Herbst 1944 Pseudo-Freiwillige aus den Konzentrationslagern
für den Endkampf. Deutsche politische Häftlinge, meist Kommunisten, lassen sich anwerben,
um zu überleben – und möglichst bald zur Roten Armee überzulaufen.
4 Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, führende Partei der DDR. Entstanden 1946 aus dem
Zwangs-Zusammenschluss von SPD und KPD in der sowjetischen Zone.